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KunstrŸckgabe:
"Amalie Zuckerkandl" im Drei-Parteien-Streit
(Die Presse) 25.02.2006
Mit einer Entscheidung wird Dienstag nicht gerechnet. Die BemŸhungen um
Adele-RŸckkauf scheinen endgŸltig zu versanden.
"Die Nachrichten Ÿber eine Frist-VerlŠngerung sind falsch. Die Erben
beginnen am 1. MŠrz mit den †berlegungen Ÿber die weitere Vorgangsweise",
das erklŠrte Maria Altmanns Anwalt Randol Schoenberg am Freitag. Er kommt
Montag nach Wien zur ersten Verhandlung Ÿber Klimts "Amalie Zuckerkandl" aus
dem Belvedere (Di. 28. 2.). Ob Schoenberg auch den Abransport der fŸnf
Klimts, die Maria Altmann und weiteren Erben zugesprochen wurden,
veranlasst, bleibt abzuwarten. Bisher hatte man gedacht, die Frist fŸr
Interessenten aus …sterreich werde bis Ende MŠrz verlŠngert.

Fast 1000 Namen finden sich auf der Pro-Klimt-Initiative
(proklimtbilder.at); sie wurde von UniversitŠtsprofessoren und
Belvedere-Mitarbeitern ins Leben gerufen. Allerdings war Freitag zu
erfahren, dass es vorlŠufig kein Konto fŸr Spender geben soll, weil das eine
eigene Organisation erfordern wŸrde. Man begnŸgt sich mit Appellen fŸr
weitere Unterschriften. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich einer
findet, der fŸr ein Bild soviel Geld ausgibt", hatte Donnerstag der
Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank O…, Ludwig Scharinger, erklŠrt.

Worum geht es im Fall "Amalie Zuckerkandl"? Drei Parteien streiten um das
GemŠlde: …sterreich, Schoenberg (fŸr Altmann) und die Familie MŸller
Hofmann. Das Schiedsgericht ist dasselbe wie bei den fŸnf Klimts. Eine
Entscheidung wird Dienstag noch nicht erwartet. Wie bei den fŸnf
restituierten Klimts hat auch in der Causa Zuckerkandl der
Restitutionsbeirat gegen die RŸckgabe entschieden; auch, weil er nicht
entscheiden konnte, an wen das Bild zurŸckgegeben werden soll.

Die Ereignisse in der Nazizeit lassen sich durch das Datenmaterial nur
unbefriedigend rekonstruieren. Klimt hat das PortrŠt 1918 kurz vor seinem
Tod gemalt, es blieb unvollendet. Amalie Zuckerkandl (1869-1942), die nach
ihrer Scheidung oft in Geldnšten war, verkaufte das Bild schon in den
Zwanzigerjahren an die befreundete Industriellenfamilie Bloch-Bauer
(Vorfahren Maria Altmanns).

Fest steht auch, dass das PortrŠt 1938 im Palais Bloch-Bauer
(Elisabethstra§e) hing. Als Ferdinand Bloch-Bauer 1938 in die Schweiz
emigrierte, wurde seine Wohnung von den Nazibehšrden besichtigt, unter den
festgehaltenen Kunstwerken findet sich auch "Amalie Zuckerkandl". Im
Sicherstellungsbescheid 1939 fŸr die Sammlung wurde das PortrŠt allerdings -
wie zwei weitere Klimt-Werke - nicht mehr angefŸhrt. Altmann-Anwalt
Schoenberg: "Wir wissen, dass das Bild in Ferdinands Schlafzimmer hing, und
dass seine Sammlung ,zur GŠnze liquidiert' wurde, wie es in einem
Bundesdenkmalamts-Bescheid hei§t. Was fŸr Beweise braucht man mehr?"
Eigentumsnachweis gibt es allerdings keinen.

Alfred Noll, Anwalt der Gruppe MŸller Hofmann, dagegen vermutet, dass F.
Bloch-Bauer aus dem Exil Anweisung gab, das Bild zwecks Finanzhilfe an
Zuckerkandl zu Ÿbergeben. FŸr Noll erklŠrt das auch, warum die Familie
Bloch-Bauer das Bild nach 1945 nicht beansprucht hat. Schenkungsnachweis
gibt es allerdings keinen.

"Amalie Zuckerkandl" wurde 1942 deportiert und starb mutma§lich im KZ
Belzec. 1945 kaufte die KunsthŠndlerin Vita KŸnstler das Bild (sie schenkte
es 1988 der …sterreichischen Galerie). In der offiziellen Provenienz hei§t
es, KŸnstler habe das GemŠlde von Zuckerkandls zweiter Tochter Hermine
MŸller-Hoffmann erworben. sim/bp
 

25. Februar 2006
16:32    Ê   Anwalt widerspricht Altmann bezŸglich FristverlŠngerung
Schoenberg hŠlt es fŸr durchaus mšglich, dass Erben nŠchste Woche
entscheiden, die Bilder aus …sterreich wegbringen zu lassen
 

Laut Anwalt Schoenberg kšnnte Maria Altmann die Klimtbilder bereits
demnŠchst aus …sterreich holen.
    Ê   Los Angeles/Wien - Der Anwalt von Maria Altmann, E. Randol
Schoenberg, hat gegenŸber der APA Altmanns Aussagen widersprochen, dass die
Klimt-Bilder bis Ende MŠrz in …sterreich bleiben sollen. Es habe keine
derartige Entscheidung der Erben gegeben. Vielmehr sei es "durchaus mšglich,
dass die Erben nŠchste Woche entscheiden, dass es Zeit ist", die Bilder aus
…sterreich zu entfernen, so Schoenberg, der am Montag fŸr Verhandlungen zum
verbleibenden Klimt-Bild "Amalie Zuckerkandl" nach …sterreich kommen wird.

FŸr etwaige šsterreichische Interessenten wŠre ein Abtransport der GemŠlde
aus …sterreich jedoch nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem Ende der
Ankaufmšglichkeit. Bis die endgŸltige Entscheidung gefallen ist, was mit den
GemŠlden passiert, stehe es "jedem frei, VorschlŠge zu machen".
 

GesprŠche kšnnten weiter gefŸhrt werden

GesprŠche Ÿber u. a. den Ankauf eines oder mehrerer GemŠlde seien unabhŠngig
vom Aufenthaltsort der GemŠlde und kšnnten "weitergefŸhrt werden egal wo die
Bilder sind", so Schoenberg. Man fŸhre mit verschiedenen Institutionen und
Einzelpersonen "Diskussionen" Ÿber die Zukunft der Bilder. Der Anwalt halte
es fŸr "mšglich", dass die Bildern etwa in einer Ausstellung zu sehen sind,
wŠhrend gleichzeitig GesprŠche weitergefŸhrt werden.

Bloch-Bauer-Erbin Maria Altmann hatte gegenŸber der APA gesagt, dass die
GemŠlde auf Betreiben insbesondere der Teilerbin Nelly Auersperg bis Ende
MŠrz in …sterreich verbleiben wŸrden. (APA)
 
 
 
 

[+] RESTITUTIONEN
Kommentar der anderen: Adele revisited - Wider den blinden Eifer der
Empšrten
Eine Kritische RŸckschau: Warum der Regierung nach dem Schaden nicht auch
noch der Spott gebŸhrt - Von Daniela Strigl
Kšnnte es sein, dass "fŸhrende Streit- beobachter" in der Causa Bloch-Bauer
sich geirrt haben? "Wenn die Tendenz der Berichterstattung allzu deutlich
wird, wenn Dokumente stets nur aus dem Kontext gerissen zitiert werden, dann
will man es irgendwann genauer wissen. Und dann kann man zu ganz anderen
SchlŸssen kommen". Ein Diskussionsbeitrag aus sprach- und medienkritischer
Sicht.

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Adele Bloch-Bauer hat in ihrem Testament aus dem Jahr 1923 ihren Mann
gebeten, "meine 2 PortrŠts und die 4 Landschaften von Gustav Klimt" "nach
seinem Tode der šsterr. Staats-Gallerie in Wien" zu hinterlassen. Nun werden
die GemŠlde gemŠ§ Schiedsspruch den Erben Bloch-Bauer ausgefolgt und von
diesen verkauft, und niemand findet es moralischgefŸllt bedenklich, dass der
Wunsch der PortrŠtierten missachtet wird. Immerhin hat Hubertus Czernin, der
Initiator des mehrjŠhrigen Streits und leidenschaftliche FŸrsprecher der
KlŠgerin Maria Altmann, jŸngst gemeint, die "Goldene Adele" sollte mit Hilfe
eine Bausteinaktion in Wien gehalten werden, um dem Wunsch Adele
Bloch-Bauers zu entsprechen. Jetzt auf einmal soll ihr Wunsch wieder zŠhlen?
*

Im šffentlichen Diskurs Ÿber die Causa Klimt scheint festzustehen, was man
als anstŠndiger Mensch vom Ergebnis zu halten hat. In den Kultur- und
Politikredaktionen des Landes war man mit Kommentaren rasch bei der Hand,
jeder wusste - ob er den Schiedsspruch gelesen hatte, oder nicht -, dass
Zustimmung angebracht war, und manche Journalisten leisteten fšrmlich
unbezahlte PR-Arbeit fŸr die Sache der klagenden AnwŠlte.

Wenn die Tendenz der Berichterstattung allzu deutlich wird, wenn Dokumente
stets nur aus dem Kontext gerissen zitiert werden, dann will man es
irgendwann genauer wissen. - Und dann kann man zu ganz anderen SchlŸssen
kommen als die federfŸhrenden Streitbeobachter.

Um es vorwegzunehmen: Ich halte den Spruch des Schiedsgerichts fŸr ein
wohlbegrŸndetes Fehlurteil. Ich bin selbstverstŠndlich der Meinung, dass der
Schiedsspruch, wozu sich die Republik im Voraus zivilrechtlich verpflichtet
hatte, anzuerkennen war. Daraus ergibt sich aber nicht zwangslŠufig, dass
der Regierung nach dem Schaden auch noch der Spott gebŸhrt.

Weiter klicken zu: I - Entscheidung auf Messers Schneide
I
 Aus der LektŸre des Schiedsspruchs gewinnt man insgesamt den Eindruck, die
drei Richter hŠtten in einer Reihe von strittigen Fragen, nach AbwŠgung
vieler Pro-und Contra-Argumente, mit einiger MŸhe eine Entscheidung auf
Messers Schneide gefŠllt - jeweils zugunsten der KlŠger. In wesentlichen
Punkten ist den KlŠgern (bei denen die Beweislast liegt) ein Beweis nicht
gelungen. FŸr den Laien scheint einige juristische Spitzfindigkeit notwendig
gewesen zu sein, um die testamentarische Widmung fŸr die …sterreichische
Galerie weg- und die Anwendbarkeit des Restitutionsgesetzes
herbeizuargumentieren. Hier einige grob vereinfacht dargestellte Beispiele:
 

Wer Adeles Testament mit einem alltŠglichen SprachverstŠndnis liest, dem
erscheint der Wille der Erblasserin durchaus eindeutig. Adeles Wunsch
betreffend die Klimt-GemŠlde wurde vom Schiedsgericht als unverbindlich
interpretiert, obwohl sie mit derselben Formulierung einer Bitte verfŸgt
hatte, ihr Mann mšge ihren Schmuck nach seinem Tode den Nichten und Neffen
hinterlassen. Und obwohl sie fŸr den Fall, dass Ferdinand vor ihr gestorben
wŠre, die Ersatzerben (darunter die KlŠgerin) verpflichtet, die Bilder der
…sterreichischen Galerie "gleich nach meinem Tode zu Ÿbergeben".

Solches beiseite schiebend kommen die Schiedsrichter zu einer
Schlussfolgerung, deren gewundene Formulierung die Grš§e des
Ermessensspielraums verrŠt: "Dem Schiedsgericht erscheint also bei einer
GesamtwŸrdigung der zweifellos nicht vollkommen eindeutigen UmstŠnde, die
heute noch bekannt sind, die Interpretation der Anordnung als blo§er
rechtlich unverbindlicher Wunsch Ÿberzeugender."

Abgesehen davon, dass nach der Logik der Sprache eine "Anordnung" gar kein
"blo§er Wunsch" sein kann, steht diese erste wichtige Feststellung sichtlich
auf schwachen Beinen.

Weiter klicken zu: "Was in der Nazizeit mit den Bildern geschah, ist in
diesem speziellen Fall gar nicht das Entscheidende .."

€hnlich die Vorgangsweise der Richter bei der KlŠrung der Frage, ob die
bewussten Bilder Ÿberhaupt Adele gehšrt haben, und nicht, wie von den
KlŠgern behauptet, ihrem Mann. Hier wird eingerŠumt, dass sie selbst
vermšgend war, dass sie Ÿber die Bilder (Verleih etc.) allein verfŸgte, dass
sie in einem Brief von ihren Landschaften spricht und konkret von einer,
"welche ich aus Klimt's Nachlass kaufte".

Das Schiedsgericht hŠlt es jedoch fŸr "wahrscheinlicher", dass die Bilder
Ferdinand Bloch-Bauer gehšrten, da dieser das bei der
Testamentsvollstreckung so angegeben hatte - um gleichzeitig zu versprechen,
er werde die Bitte seiner Frau gleichwohl "getreulich erfŸllen". Das Gericht
erklŠrt nun, fŸr die Feststellung des Ehemannes als EigentŸmer genŸge blo§e
Wahrscheinlichkeit nicht, es mŸsse schon "hohe Wahrscheinlichkeit" sein, die
aber nicht vorliege. Also behilft man sich: indem man auf ein - heute nicht
mehr gŸltigen Prinzip - rekurriert, nachdem bei ehelichen GŸtern im Zweifel
davon auszugehen sei, "dass der Erwerb vom Manne herrŸhrt". Dazu
argumentiert das Schiedsgericht, die Interpretation der VerfŸgung als
unverbindliche Bitte passe gut zu dieser Annahme. - Ihre beiden Bibliotheken
(unbestritten "ihre") hat Adele aber ebenfalls in Form einer Bitte als
"Legat" der Wiener Volks-und Arbeiter-Bibliothek vermacht.

Eine Beurteilung dieser strittigen Punkte im Sinne der KlŠger war fŸr den
Spruch des Gerichts unerlŠsslich. Denn wenn die Republik …sterreich mit dem
Tod Ferdinand Bloch-Bauers im November 1945 aus dem Testament Adeles lŠngst
einen Anspruch auf den Erwerb der Bilder hatte, dann hŠtte sie mit den Erben
nicht mehr darŸber verhandeln mŸssen und dann wŠre das KunstrŸckgabegesetz
darauf nicht anwendbar.

Anspruch auf das Legat

Was in der Nazizeit mit den Bildern geschah, ist demgemŠ§ in diesem
speziellen Fall gar nicht das Entscheidende: Sie wurden, getarnt durch eine
Steuerstrafverfahren, dem EigentŸmer "geraubt" - denn der hŠtte sich nach
dem Willen seiner Frau auf jeden Fall Zeit seines Lebens an den Bildern
erfreuen sollen.

Zum Zeitpunkt seines Todes war die …sterreichische (Staats-)Galerie aber
nicht mehr Teil des Deutschen Reiches, sondern wiederum der Republik
…sterreich, die somit Anspruch auf das Legat anmelden konnte. Zu Unrecht,
sagt nun das Schiedsgericht.

Der damalige Anwalt der Erben Bloch-Bauer war allerdings anderer Ansicht: Im
internen, also vertraulichen Briefverkehr schrieb der in
RŸckstellungsbelangen als Ÿberaus engagiert bekannte Regierung nach dem
Schaden nicht auch noch der Spott gebŸhrt Dr. Rinesch 1948 seinem Klienten
Robert Bentley, durch Adeles VerfŸgung habe "die šsterr. Galerie zweifellos
einen Rechtsanspruch (...) erworben, und das Testament wird zur ErfŸllung
gelangen mŸssen. Du bist ja ohnedies (Dein Schreiben vom 8.3.)
einverstanden, dass das geschieht." DemgemŠ§ kommt es 1948 zu einer
formellen Anerkennung von Adeles Legat durch die Erbengemeinschaft. Somit
erwarb die Republik (spŠtestens) dann Eigentum an den Bildern. (Dass der
Bund bis dato der rechtmŠ§ige EigentŸmer der GemŠlde war, wurde auch von den
KlŠgern nie bestritten: Der Sinn des Restitutionsgesetzes ist ja gerade, dem
zustŠndigen Minister zu erlauben, auch rechtmŠ§ig Ð aber nicht auf moralisch
einwandfreie Weise Ð erworbene KunstgegenstŠnde zurŸckzugeben.)

"Weite Interpertation"

TatsŠchlich haben die Erben kein RŸckstellungsverfahren fŸr die Klimt-Bilder
angestrengt, ja nicht einmal in der Korrespondenz mit ihrem Rechtsvertreter
erwogen. Nach dem formellen Eigentumserwerb durch die Republik haben sie
diesen nie, auch nicht inoffiziell, in Frage gestellt Ð fŸnfzig Jahre lang.
Erst das KunstrŸckgabegesetz des Jahres 1998 hat eine €nderung ihrer
Auffassung bewirkt.

Bei der Beurteilung der essenziellen Frage, ob dieses Gesetz auf diesen
konkreten Fall Ÿberhaupt angewendet werden kann, scheint der Irrtum des
Schiedsgerichts eklatant: In Frage kommen laut Gesetz Kunstwerke, die
"Gegenstand von RŸckstellungen an die ursprŸnglichen EigentŸmer oder deren
Rechtsnachfolger" waren und nach dem 8. Mai 1945 im Zuge eines Verfahrens
nach den Bestimmungen des Ausfuhrverbots aus DenkmalschutzgrŸnden
"unentgeltlich in den Besitz des Bundes Ÿbergegangen sind".

Nun ist auf den ersten Blick klar, dass das nicht auf die Klimt-Bilder
zutrifft: Sie waren weder Gegenstand eines RŸckstellungsverfahrens noch
wurden sie zurŸckgestellt noch waren sie Gegenstand eines Ausfuhrverfahrens
noch waren sie inoffiziell von den Erben zur Ausfuhr vorgesehen.

Im offenen Widerspruch zur Formulierung der Gesetzesstelle versuchen die
Schiedsrichter eine "weite Interpretation", die sie damit rechtfertigen,
dass es in diesem Fall zwar keinerlei Beweise fŸr den andernorts von
šsterreichischen Behšrden praktizierten Kuhhandel (Schenkung gegen
Ausfuhrbewilligung) gegeben habe, dass aber die Erben mit ihrem
Wohlverhalten in der Klimt-Sache die Verantwortlichen fŸr andere
Entscheidungen milde stimmen hŠtten wollen.

Das Schiedsgericht beruft sich vor allem auf einen Brief von Dr. Rinesch, in
dem dieser gegenŸber dem Denkmalamt seine Erwartung zum Ausdruck bringt, es
wŸrde nun, nach Anerkennung des Legats, bei der Ausfuhr von anderen
Kunstwerken der Erben Bloch-Bauer "in entgegenkommender Weise" entscheiden.
Das Verhandlungsgeschick des Anwalts (er stellt etwas nach au§en als
Gro§zŸgigkeit dar, was er den Klienten gegenŸber als unumgehbare
Verpflichtung deklariert), der seinerseits moralischen Druck auf die
Behšrden ausŸbt, wird hier benutzt, um den Wortlaut des Gesetzes mehr als
verwegen umzudeuten: Als "Gegenstand von RŸckstellungen" "kšnnen demgemŠ§
auch Objekte angesehen werden, deren RŸckstellung in âvorauseilendem
Gehorsam' gar nicht verlangt wurde."

Schiedsspruch

Dass im Fall der Klimt- Bilder offenkundig nicht "Gehorsam", sondern die
Einsicht in den fehlenden eigenen Anspruch Ð schlŸssig dokumentiert durch
die ausdrŸckliche Anerkennung des Legats zugunsten der Republik Ð
ausschlaggebend war, hat die Schiedsrichter nicht weiter bekŸmmert.

Schlussendlich: Im Schiedsspruch wird betont, dass das Gericht
"ausschlie§lich nach rechtlichen Kriterien zu entscheiden hatte". Gerade mit
ihrer "weiten Interpretation" des Restitutionsgesetzes, mit der dessen
Paragraf 1 zum Gummiparagrafen wird, verstŠrken die Richter aber den
Eindruck, es seien auch andere, nŠmlich politische Kriterien in ihr Urteil
eingeflossen.

NatŸrlich kann der Gesetzgeber der Auffassung sein, auch Kunstwerke, auf die
bis vor kurzem gar kein Anspruch erhoben worden ist, sollten restituierbar
sein. Dann muss er das Gesetz aber Šndern, es kann nicht von drei
Schiedsrichtern umgedichtet werden.

Weiter klicken zu: II- Es war ein Rechtstreit zwischen Privaten und der
Republik
II
 

Die šffentliche Reaktion auf den Spruch des Schiedsgerichts ging davon aus,
damit sei einem jahrzehntelang durch die Republik zu verantwortenden Unrecht
ein Ende gesetzt worden. Nicht nur bei der Opposition hatte diese Regierung,
genauer, die fŸr ihren Eigensinn und ihre wenig gewinnende Art bekannte
Kulturministerin, jeden Kredit verspielt.

Ohne sich auf die Materie einzulassen, nannte man in gut gešlter
Phraseologie den Rechtsstreit "beschŠmend", ja, der unvermeidliche AndrŽ
Heller sprach davon, …sterreich hŠtte die lŠngste Zeit mit "Gestohlenem
geprotzt". Bei einer etwas genaueren Betrachtung der Problematik zeigt sich
jedoch, dass selbst wenn man Zweifel an der GŸltigkeit von Adeles Testament
fŸr plausibel hŠlt, der Republik und ihren Vertretern jedenfalls gute GrŸnde
und guter Glaube zugebilligt werden mŸssen. Da der Wortlaut des
KunstrŸckgabegesetzes (ohne eine "weite Interpretation") nicht auf die
Klimt-Bilder anwendbar ist, hŠtte die Ministerin sich dem Vorwurf des
Amtsmissbrauchs ausgesetzt, hŠtte sie die Bilder, die betrŠchtliche
Vermšgenswerte des Bundes darstellen, ohne die "SchŸtzenhilfe" des
Schiedsgerichts, "einfach so" restituiert.

So eignet sich der Fall Bloch-Bauer ganz und gar nicht zur symbolischen
Verwendung: Es war ein Rechtstreit zwischen Privaten und der Republik um
einen betrŠchtlichen Streitwert (150 Millionen US$). Die Forderung von
verschiedener Seite, die Regierung hŠtte sich nach der Niederlage im
Schiedsgerichtsverfahren bei den KlŠgern entschuldigen mŸssen, verrŠt ein
merkwŸrdiges RechtsverstŠndnis. Entschuldigen dafŸr, dass sie eine strittige
Rechtsfrage klŠren lie§? Und wenn die Sache anders ausgegangen wŠre Ð was,
wie man an der Argumentation des Schiedsgericht sieht, sehr leicht mšglich
gewesen wŠre Ð, dann hŠtte sich womšglich Maria Altmann bei der Ministerin
entschuldigen mŸssen?

Es steht einem Rechtsstaat nicht gut an, wenn von der medialen
…ffentlichkeit von vornherein festgesetzt wird, wie ein Prozess auszugehen
hat. Das gilt auch fŸr die Entscheidungen des fŸr RŸckgabefragen zustŠndigen
Beirates: Wenn es nicht mšglich sein soll, dass er, der in Ÿber 5.000 FŠllen
dafŸr plŠdiert hat, Kunstwerke an ihre frŸheren Besitzer zurŸckzugeben (was
auch geschah), sich gelegentlich auch gegen eine Restitution ausspricht,
dann wird die RŸckgabepraxis ad absurdum gefŸhrt. Es liegt in der Natur der
Sache (und des Menschen), dass dort, wo es um verhŠltnismŠ§ig viel Geld
geht, auch unberechtigte AnsprŸche erhoben werden. Von QualitŠtsjournalismus
kann man erwarten, dass er sich um ObjektivitŠt zumindest bemŸht.

Beinah scheint es nŠmlich, als wŸrde man hierzulande aus gewohnheitsmŠ§iger
kollektiver Selbstgei§elung gar nicht bemerken, was da geleistet wurde: Das
Restitutionsgesetz ist eine kŸhne, weltweit einzigartige Einrichtung, die
dem Staat ermšglicht, was von Privaten nicht zu verlangen ist: dass er
rechtmŠ§ig ihm Gehšrendes zurŸckgibt, wenn es durch eine heute verpšnte
Praxis in sein Eigentum gelangte, ja sogar, wenn er es im guten Glauben aus
schlechter Quelle erworben hat. Das ist gro§zŸgig, und das wird auch
umgesetzt. Kritisieren hei§t unterscheiden, Kritik, die nicht mehr
unterscheidet, fŸr die alles eins und gleich schlecht ist, wird auf Dauer
unglaubwŸrdig.

Weiter klicken zu: III - "Arme-Schlucker- Rolle"

III
 

Sehr wohl kritisieren kann man das Verhalten dieser Regierung nach dem
Spruch des Schiedsgerichts: Hier musste man den Eindruck bekommen, ihren
Vertretern sei es ums blo§e Rechtbehalten und nicht ums Behalten der Klimt-
Bilder gegangen. Man wusste ja um das Risiko des Prozessverlusts, hŠtte also
lŠngst Dispositionen treffen mŸssen. Statt dessen schlŸpfte man flugs in die
Arme-Schlucker- Rolle: Wer die erste Reaktion von Kulturministerin und
Bundeskanzler gehšrt und gesehen hat (der Preis Ÿbersteige die Mšglichkeiten
des Budgets bei weitem, aber Sponsoren seien herzlich eingeladen), der
wusste: Diesen Leuten kann man nicht erklŠren, was das jŸdische MŠzenatentum
der Jahrhundertwende fŸr das Land bedeutet oder Gustav Klimt oder nationales
Kulturgut Ÿberhaupt. Es ist ihnen wurscht. Es bringt wahrscheinlich nichts
bei der nŠchsten Wahl.

Diese Haltung ist fŸr Vertreter eines reichen Industriestaates, der stŠndig
mit seinem Kulturbonus hausieren geht, wirklich beschŠmend. Und wŠhrend
Private unterschiedlicher politischer Couleur alle Hebel in Bewegung
setzten, zog unsere Regierung die Notbremse. Froh Ÿber die medial
Ÿberbrachte, Ÿberhšhte Preisforderung des Erben- Anwalts, lie§ sie sich gar
nicht mehr auf die vereinbarte KlŠrung des Preises durch drei Gutachten ein.
Auch so kann man in die Geschichte eingehen: als Regierung, die Spitzenwerke
der šsterreichischen Kunst preisgab, weil sie ihr zu teuer waren.

(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26. 2. 2006)

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blinden Eifer der Empšrten