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 ©  DIE ZEIT, 10.08.2006
Gold-Adeles Erben

Nach dem teuersten Bild der Welt stehen wieder vier Klimt-Werke zur Auktion.
Von Claudia Herstatt

Bei ChristieÕs dŸrften dieser Tage wieder die Champagnerkorken knallen:
Nachdem das Londoner Auktionshaus erst unlŠngst das teuerste GemŠlde der
Welt, Gustav Klimts Bildnis Adele Bloch-Bauer I, salopp Gold-Adele genannt,
fŸr 135 Millionen Dollar an den Kosmetikunternehmer Ronald Lauder verkaufen
konnte, wurden ihm nun prompt weitere vier GemŠlde des Jugendstil-KŸnstlers
anvertraut. Und zwar wieder von den Erben der Adele Bloch-Bauer, die in der
goldfarbenen Klimt-Adele portrŠtiert ist. 26 Jahre alt war die junge Frau,
als Gustav Klimt sie malte. Ob die vier GemŠlde Adele Bloch-Bauer II,
Apfelbaum I, Buchenwald (Birkenwald) und HŠuser in Unterach am Attersee aus
der Schaffensperiode von 1903 bis 1916 zur Auktion gehen oder wieder in
hšchst lukrativen Private Deals den Besitzer wechseln, ist noch unklar.
Andreas Rumbler, GeschŠftsfŸhrer von ChristieÕs Deutschland, sagt: ÈWir
warten die nŠchsten Wochen ab, wer mit welchem Angebot auf uns zukommt. Das
wird dann mit den Erben besprochen.Ç Er wei§: Klimt ist rar und begehrt auf
dem Markt. Lange wird man wohl nicht warten mŸssen.

Sieben Jahre lang hatte Maria Altmann, die heute 90-jŠhrige Nichte des
jŸdischen Zuckerfabrikanten Ferdinand Bloch-Bauer und dessen Frau Adele,
gekŠmpft, um die fŸnf Bilder aus der …sterreichischen Galerie im Belvedere
in Wien zurŸckzubekommen. Auf Bescheid der Wiener Steuerbehšrden waren sie
1938 im bereits von Deutschland annektierten …sterreich enteignet worden.
1939 tauchte ein Teil in der …sterreichischen Galerie wieder auf, der Rest
des Raubguts ging 1941 in die Wiener StŠdtischen Sammlungen ein. Ferdinand
Bloch-Bauer starb im November 1945 in ZŸrich, 20 Jahre nach seiner Frau
Adele. Noch zwei Monate vor seinem Tod hatte er ein erstes
RŸckstellungsbegehren fŸr die Klimt-GemŠlde aufgesetzt. Doch erst 1998, als
…sterreich ein Restitutionsgesetz verabschiedete, bekam Maria Altmann die
Werke zurŸck Ð freilich erst nach einem Rechtsstreit und dem Beschluss eines
Schiedsgerichts. Kurz darauf wurden die Bilder erstmals in New York und Los
Angeles gezeigt.

Dann gelang die erfolgreiche Positionierung der Gold-Adele in Ronald Lauders
New Yorker Museum Neue Galerie. Wie einst im Wiener Haus der Bloch-Bauers
hŠngt es dort Ÿber einem Kamin im Klimt-Saal. Bei Verhandlungen und
Finanzierung war wiederum behilflich: das Auktionshaus ChristieÕs.

Nun gehe es den Erben darum, so ChristieÕs in New York, Dispositionen fŸr
die restlichen vier Bilder zu treffen. ÈEs ist sensationell, eine so
homogene Gruppe von Klimt-GemŠlden anbieten zu kšnnen, die nicht nur von der
Provenienz, der QualitŠt und vor allem dem erstklassigen Erhaltungszustand
her den Markt belebenÇ, sagt Andreas Rumbler. Sein Enthusiasmus verwundert
nicht: Die GeschŠftsbeziehungen zu Maria Altmann und ihren Erben haben dem
Auktionshaus wohl das erfolgreichste Jahr seiner Geschichte beschert.

28 Werke von Klimt wurden seit 1989 bei den gro§en AuktionshŠusern
angeboten. Die Preise bliefen sich stets auf ein- und zweistellige
MillionenbetrŠge. 2001 musste ChristieÕs in New York das Farmhaus mit Birken
von 1900 zurŸcknehmen. Bei SothebyÕs in London kam es dann 2004 fŸr 2,7
Millionen Euro unter den Hammer. Als teuerstes Los galt das Schloss Kammer
am Attersee von 1909, das 1997 fŸr gut 19 Millionen Euro versteigert wurde Ð
wieder bei ChristieÕs, in London.

Dann aber kam Adele. Sie hob den Preis fŸr GemŠlde in SphŠren, die selbst
gediegenen AuktionshŠusern den Atem verschlugen. Und gŠnzlich neue
Dimensionen eršffneten. Bei ChristieÕs hofft man nun sehr: auf noch mehr
Traumpreise fŸrs Altmann-Erbe.

Doch das ist nicht der einzige Trumpf der Auktionatoren. Erst kŸrzlich wurde
bekannt, dass Ernst Ludwig Kirchners Stra§enszene, Berlin von 1913 am 8.
November fŸr einen SchŠtzwert von 18 bis 25 Millionen Dollar versteigert
werden soll. NatŸrlich bei ChristieÕs, diesmal in New York.

Andreas Rumbler spricht von ÈWeitblickÇ, wenn er den Umgang mit Altmanns
Besitz beschreibt und preist an der Auswahl, Èdass Sammler und Institutionen
nun die einmalige Chance haben, unter vier so herausragenden GemŠlden zu
wŠhlenÇ. Sie werden wŠhlen und mit etwas GlŸck herausragende Summen bieten.
Im Jahr 2005 schon steigerte ChristieÕs seine weltweiten UmsŠtze um 38
Prozent Ð auf 3,2 Milliarden Dollar. 2006 aber wird wohl das eigentliche
Gold-Jahr werden.

©  DIE ZEIT, 10.08.2006